Ich arbeite mit analoger Technik, mit Dingen und Geräten, die ich anfassen kann.

Meine Werkzeuge sind Film- und Fotokameras, Cuttermesser, Bleistift, Flex, Schweißtrafo.

Ich zerlege Projektoren und Fahrräder.

Klaube Schneckenhäuser, Blätter und optische Linsen auf wenn ich das Potential für etwas Neues darin sehe.

Ich sammele Informationen zum technischen Fortschritt: Die Herrschaft der Mechanisierung.

Das Zeitalter der Nervosität.

Gramophone, Film, Typewriter.

Die Beschleunigung unserer Kommunikation und wie sich unser Blickwinkel dadurch verengt.

Selbstverständlich gehe ich auch mit Computern um.

Mit Digitalkameras und Schnittprogrammen.

Ich stelle diese Website ins Netz.

Doch mehr als die Glätte und Verführungsmacht digitaler Virtualität interessiert mich die Ästhetik des Analogen,

der Zauber des Materials,

die Sichtbarkeit der Prozesse.

Ich reise gerne.

Treffe Menschen, die Ähnliches tun wie ich

oder etwas ganz anderes. Ich lerne.

Sammele Bilder, Töne und Ideen für neue Arbeiten.

Im Atelier mache ich etwas daraus.

Dann reise ich wieder und zeige es der Welt.

Underground Technologies

Mitte der 1970er Jahre begann Helmut Nickels kurze experimentelle Filme herzustellen. Materialfilme aus gefundenen Aufnahme, die er neu montierte, übermalte und mechanisch bearbeitete. Eigene Aufnahmen, teils spielerisch, teils nach ausgeklügelten Strukturen organisiert. Optische Kopierarbeiten aus beiden Materialien. Chemische Experimente bei der Filmentwicklung.

Nickels lebte in Berlin und London, wo er Mitglied der Filmmakers Coop war. Dort reparierte und verbesserte er die defekte von zwei Entwicklungsmaschinen, die bereits zu dieser Zeit antiquiert war. Später nahm er sie mit in sein Atelier in Berlin. Er baute weitere Maschinen und Geräte um unabhängig Filme herstellen zu können: eine Kontakt-Kopiermaschine für 16mm, eine für 35mm Formate, eine optische Kopiermaschine, die 35mm Aufnahmen auf 16mm reduziert, eine spezielle Schere zum Schnitt von 35mm Material und die dazugehörige Klebelade.

In den 1980er Jahren entwickelte Nickels live große Fotografien und Diapositive, die er kurz zuvor mit dem Publikum in speziellen Apparaten und Lochkameras aufgenommen hatte. Weitere Camera Obscura Arbeiten folgten, die „so called pin-hole-pieces“ mit denen er vor allem in Polen sehr bekannt wurde. Nach dem Fall der Berliner Mauer wurde es ihm dort zu laut und anstrengend, Nickels wanderte aus und zog mit seiner Partnerin und Kindern auf einen Resthof im Wallonischen Teil Belgiens.

Neben weiteren Erfindungen und Tüfteleien entwickelte Nickels bei regelmäßigen Einladungen zu workshops in Polen seine Performances und das Schreiben weiter. Er verfasste Limericks auf Italienisch und Notizen zum Weltgeschehen in der Art Lichtenbergscher Sudelbücher.

Wir trafen uns in den 1990er Jahren bei einem Künstlersymposium in Wales. Dort nahm Deborah Phillips dies Foto von uns auf: eins der wenigen Bilder, das von Helmut Nickels existiert. „Ich sehe meinen Beruf nicht als Verpflichtung“ sagte Helmut und schenkte mir seine Filmbearbeitungsgeräte. Sie sind der Grundstock dieser Kollektion von Underground Technologies. Dazu kommen ein paar kleine Apparaturen, die ich selbst für spezielle Filmaufnahmen gebaut habe und schließlich einige Apparate, die in der Zeit des „cinéma argentique“, dem silbernen Bewegtbild, zur professionellen Ausstattung gehörten, heute verschrottet werden – oder im Untergrund landen.

Helmut Nickels starb im Frühjahr 2022.

Seine Filme sind im Verleih von Light Cone Paris und LUX in London zu finden. Auch Rose Lowder soll einige Kopien besitzen.

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